„Vom seichten ins tiefe Wasser“- Interviewer Feurstein erntet viel Lob

Wien - Acht Jahre lang hat ORF-Journalist Christoph Feurstein den Fall Natascha Kampusch journalistisch betreut. Acht Jahre, in denen er immer wieder die Eltern des vermissten Mädchens für unterschiedliche ORF-Sendungen besucht und interviewt hat, Indizien für einen Mord an dem Mädchen gesucht und Polizisten und Detektive gefunden hat, die teilweise ziemlich skurrile Thesen aufgestellt hatten. Irgendwie hat Feurstein, so erzählte er es in den zahlreichen Interviews, die er in den vergangenen Tagen gegeben hatte, selbst nicht mehr daran geglaubt, dass Kampusch noch leben würde. Dass er sie am vergangenen Dienstag dann plötzlich interviewen durfte, war auch für ihn persönlich der Abschluss einer „unglaublichen Geschichte“.

Der 34-jährige Vorarlberger, der seit 1994 für den ORF arbeitet, ist so etwas wie die menschelnde Wunderwaffe des österreichischen Staatssenders. Bis auf ein kurzes Gastspiel als Moderator der mittlerweile eingestellten Jugendsendung „25“ war Feurstein immer in den quotenträchtigen Boulevardmagazinen des Senders unterwegs. Vor allem in der „Thema“-Redaktion hat er sich als sensibler Interviewer bei durchaus auch voyeuristischen Geschichten bewährt. Dabei überschreitet Feurstein, der stets verständnisvoll wirkt, nie die Peinlichkeitsgrenze. Und vor allem für die Interviewführung mit Natascha Kampusch hat er in Österreich viel Lob eingeheimst. Als „Sternstunde des ORF“ wurde die Sendung vom Wiener Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer sogar bezeichnet, weil Feurstein so sensibel mit der Materie umgegangen sei. Er habe Natascha Kampusch „vom seichten ins tiefe Wasser“ geführt, und eine „unglaublich emotionale und spirituelle Stimmung aufgebaut, die sich in die Wohnzimmer“ übertragen hätte.

Wenn das stimmt, dann war Feursteins Interview eine gute Werbung vor einem großen Publikum. Bis zu 2,6 Millionen Österreicher hatten Mittwochabend die Sendung gesehen, das ergibt in Österreich einen Marktanteil von 80 Prozent. Ein Rekord in der Geschichte des österreichischen Fernsehens. In Deutschland waren es noch einmal 7,13 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 22,9 Prozent), die sich ein Bild von dem Entführungsopfer machen wollten.

Quelle: Tagesspiegel